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Kopfstand (Salamba Shirshasana)

Der Kopfstand fördert Mut, Konzentration, Willenskraft und selbstbewusstsein und wirkt verjüngend

Infos, Vor- und Nachteile:

Foto Kopfstand Katja Bienzeisler
Der Kopfstand (Salamba Shirshasana)

Du probierst schon hin und wieder mal den Kopfstand, aber leider klappt es nicht so wie gewünscht? Hier möchte ich dir in drei Schritten zeigen, wie du in dieser Asana möglicherweise etwas mehr Sicherheit bekommst.

 

Vorab etwas Hintergrundwissen zum Kopfstand, im Sanskrit: Salamba Shirshasana

 

Salamba = unterstützt

Shirsha = Kopf

Asana = Haltung

 

Man braucht schon etwas Mut und Sicherheit, um diese Haltung präzise ausführen zu können. Gerade auch deswegen, weil dem Kopfstand viel Negatives nachgesagt wird und man sich im ungünstigsten Fall tatsächlich auch verletzen kann.

 

Umso wichtiger ist es, dass du deinen gesunden Menschenverstand einsetzt und auf deinen Körper hörst.

 

Wenn du beim Üben genau hinschaust, wirst du bemerken, daß du bereits in den Basics ganz viel für diese Umkehrhaltung gelernt hast. (gerade Aufrichten, Schultern weg von den Ohren, Halswirbelsäule längen und beibehalten - nur muss es gelingen, dies aus einem anderen Blickwinkel umzusetzen).

 

Es empfiehlt sich also immer, die allgemeinen Asanas aus den Grund-Standpositionen regelmäßig zu üben. Das sind für deinen Körper vorbereitende Übungen des Kopfstandes. Hättest du nicht gedacht oder?

 

Am Ende musst du wollen und dich trauen, die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wenn du es einmal raus hast, wirst du sehr stolz auf dich sein.

 

Vielleicht klappt diese Haltung bei dir eher dann, wenn du sie nicht allzu zu streng forcierst. Mir ging es vor Jahren so, denn ich wollte unbedingt den Kopfstand können. Irgendwann sagte meine Lehrerin: Lass es einfach mal ein halbes Jahr sein und konzentriere dich auf alle anderen Asanas. Gesagt, getan. Und wupp, plötzlich stand ich wie eine Eins mit den Füssen in der Luft einfach so da.

 

Der Kopfstand ist eine anspruchsvolle Yogahaltung, der viele positive Eigenschaften nachgesagt werden: wir entwickeln dabei Mut, schulen unsere Konzentration und Gedächtnisleistung, stärken die Willenskraft und das Selbstbewusstsein. Die Kreativität wird gefördert. Außerdem wirkt der Kopfstand stark verjüngend, da länger gehalten, mehr Blutfluss im Kopf erzeugt – wer hätte das gedacht. Jedenfalls ist es tatsächlich so, dass danach das Gesicht rosiger und gesünder aussieht. Weiterhin werden Gleichgewicht und Balance gefördert. Der Kopfstand ist eine Wohltat für die Wirbelsäule, da sie ideal ausgerichtet ist – sofern richtig ausgeführt. Die Beinvenen werden entlastet. 

 

Für wen ist der Kopfstand geeignet

In „Light on Yoga“ wird der Kopfstand als eine Grundstellung mit Schwierigkeitsgrad 4 von 60 dargestellt (gleich schwer wie Utthita Parshvakonasana). Das sehe ich nach einigen Jahren Unterrichtserfahrung nicht so, auch wenn ich B.K.S. Iyengar und seine Technik hoch schätze. Jeder Anfänger ist damit vollends überfordert und selbst regelmäßig Übende geraten damit schnell an ihre Grenzen.

 

Das Verständnis für den Kopfstand ist für uns Europäer nicht ganz so leicht zu erlernen. Denn wir sitzen viel, ob im Auto, im Büro am Schreibtisch, vor Computern, ja wir telefonieren sogar mit zwischen Ohr und Schultern eingeklemmten Telefon, sacken im Sitzen zusammen und fläzen dann nach der Arbeit auf der Couch, um nur einige ungünstige Eigenschaften aufzuzählen.

 

Kurz zusammengefasst passiert dabei folgendes: Die Wirbelsäule sackt zusammen, Muskulatur spannt sich an, die natürliche Haltung wird strapaziert. Schmerzen sind die Folge.

 

Für alle Kandidaten, denen die oben genannte Zeilen bekannt vorkommen, empfehle ich dringend regelmäßig Yoga zu üben :-) Damit wirst du deine Wirbelsäule und den Nacken wieder längen, strecken, drehen und beleben, sowie die Muskulatur drumherum kräftigen. Du wirst wieder mehr Beweglichkeit erlangen. Nicht umsonst sagen viele, nach einer Yogastunde fühle man sich 5 cm größer und aufrechter.

 

Der Kopfstand ist für all diejenigen geeignet, die schon 1 Jahr lang regelmäßig mit einem solide augebildeten Yogalehrer üben und keine Verletzungen an der Halswirbelsäule haben.

Weitere Vorteile dieser Übung

 

The King: Der Kopfstand wird als „König der Asanas“ bezeichnet. Die Gründe dafür beschreibt B.K.S. Iyengar in seinem Buch „Light on Yoga“ wie folgt:

 

Bei der Geburt kommen im Normalfall zuerst der Kopf heraus, dann die anderen Glieder. Der Schädel umhüllt das Gehirn, das das Nervensystem und die Sinnesorgane beherrscht. Das Gehirn ist der Sitz der Intelligenz, des Wissens, des Unterscheidungsvermögens, der Weisheit und der Macht. Es ist der Sitz Brahmans, der Seele. Ein Land kann nicht gedeihen, wenn es nicht einen guten König oder ein konstitutionelles Oberhaupt hat, das es führt. Ebenso kann der menschliche Körper nicht ohne einen gesunden Verstand erfolgreich sein.

 

In der Bhagavad-Gita steht: "Harmonie (sattva), Tätigkeit (rajas) und Trägheit (tamas), das sind die Qualitäten der Natur. Sie fesseln schnell, o goßer Arjuna, in dem Leibe hier den Geist, den unvergänglichen." (XIV, 5)

 

All diese Eigenschaften entstammen dem Verstand. Manchmal hat die eine, ein anderes Mal die andere Eigenschaft den Vorrang. Der Kopf ist der Mittelpunkt der Sattva-Eigenschaften, die das Unterscheidungsvermögen kontrollieren. Der Rumpf hat Rajas-Eigenschaften, die Leidenschaft, Gefühlsbewegungen und Handlungen beherrschen. Der Bereich unterhalb des Zwerchfells ist voller Tamas-Eigenschaften, die die sinnlichen Eigenschaften beeinflussen. Hierzu gehören der Genuss von Nahrung und Getränken und die Reize und Genüsse des Sexus.“

 

Kurzum: Regelmäßiges Üben wirkt verjüngend auf die Gehirnzellen, da diese von mehr Blut durchströmt werden. Die Gedanken werden vermutlich klarer und der Geiste wacher. Die Blutzufuhr in der Hypophyse und der Zirbeldrüse. Von diesen beiden Drüsen hängen unsere gesamte Vitalität und Gesundheit ab.

 

Das Immunsystem wird gestärkt und die Lungen werden von unten belüftet. Das führt dazu, daß die Anfälligkeit für Erkältungen, Husten oder Mandelentzündungen abnimmt. Der Körper behält seine Wärme. Die Hämoglobinbildung des Blutes wird merklich verbessert. Beugt Verstopfungen vor. Am ehesten wirst du bemerken, daß bei regelmäßigem und richtigem Üben der Kopfstand für Ausgeglichenheit sorgt und dein Selbstvertrauen stärkt.

 

Nicht empfehlenswert: Der Kopfstand sollte nicht bei Herzproblemen, zu hohem oder zu niedrigem Blutdruck ausgeführt werden. Außerdem ist ein Arzt zu Rate zu ziehen, wenn Augenprobleme (Ablösung der Netzhaut oder andere Erkrankungen) bekannt sind. Wenn deine Halswirbelsäue geschwächt oder gar geschädigt ist, übe mit gesundem Menschenverstand und lass diese Haltung in deiner Praxis weg.

 

(Quelle: Light on Yoga)

Übungspraxis pre-conditions

Wärme den Körper vorher für 10 Minuten mit dem Sonnengruß oder Variationen davon auf. (Hier kannst du meine Videos Yogaja #1, #2 und #3 nutzen).

 

Mach einige Übungen für eine bessere Stabilität deiner Körpermitte. Hier würde ich dir zum Beispiel das Brett, seitliches Brett und diagonale yogic-bicycles empfehlen. Übe für 10-15 Minuten.

 

Berücksichtige immer, daß es einige Zeit dauert, bis man sich im Kopfstand an seine Umgebung gewöhnt hat. Schließlich siehst du die Welt plötzlich anders herum. Es wird etwas Anstrengung kosten, klar zu denken und logisch zu handeln. Oft wird diese Position von Angst begleitet. Dann erst recht betrachte dir gleichmütig diese neue Situation. Lass die Atmung ruhig und gleichmäßig fließen und bleibe beim Üben konzentriert.

 

Meine 3 Tipps

1. Praxis-Tipp

Platziere die Hände und Unterarme am Boden. Bring die Kopfkrone zum Boden und bewege den Hinterkopf an die Handinnenflächen. Die Handinnenflächen berühren sich nicht und sind etwas geöffnet, so als ob du ein Ei darin hältst. Die Kleinfinger verschwinden hintereinander und Außenseite der Kleinfinger pressen in den Boden. Handgelenke bleiben am Boden. Die Ellbogen setzen etwa schulterweit am Boden auf.

 

Strecke die Beine und komm in eine Art steiler „herabschauender Hund“. Laufe mit den Fuss-Spitzen soweit wie möglich Richtung Nasenspitze, bis sich dein Gesäß über dem Kopf (und sogar etwas darüber hinaus) befindet.


Versuche nun die Beine vom Boden gebeugt zu entfernen und finde mit gebeugten Beinen die Balance. Bleibe mit angehockten Beinen einfach für eine Weile da wo du bist. Das ist der erste wichtige Schritt. Halte 10 gleichmäßige Atemzüge, komm wieder zurück und entspanne in Balasana (der Kindposition). Spühr nach. Du kannst dir hier auch selbst etwas den Nacken massieren, um die Muskulatur zu lockern.

 

2. Praxis-Tipp:

Nimm wie oben die Anfangsposition ein. Lass diesmal die Beine gestreckt. Hebe dein Lieblingsbein gestreckt soweit du kannst und komme in eine Schere. Wenn der untere Fuss nicht mehr den Boden berühren mag und langsam abhebt, spiele im Split. Erforsche die Balance. Meine Lehrerin Cyndi Lee würde sagen, das ist illegal, aber es ist trotzdem einen Versuch wert, bevor du komplett verzweifelst. Vielleicht bringst du so deine Beine kontrolliert zusammen?

 

3. Praxis-Tipp:

Komme mit gebeugten Beinen in Step 1 und versuche nun langsam die Beine zu strecken. Falls du Angst vor dem Fallen hast, übe mit einem kleinen Abstand zur Wand oder einer Ecke. Aber versuch es ruhig ohne, das ist langfristig besser und schafft mehr Vertrauen in dich selbst. Sonst kommst du vielleicht nicht mehr davon weg ;-)

 

Zum Abschluss setze dich für einige Minuten in Vajrasana (dem Fersensitz). In dieser aufrechten Sitzhaltung kannst du solange in der Meditation bleiben, wie du möchtest. Bliss pur! Viel Glück. Ich freue mich über dein Feedback!

Hier findest du ein Video-Tutorial zur 3 Tipps Beschreibung

ACHTUNG!

Voraussetzung für das Üben des Kopfstandes ist, dass du genau weißt, wie du deine Halswirbelsäule in dieser Asana entlastest.

 

Achte darauf, daß du viel Gewicht in die Unterarme bringst und immer wieder aufs Neue Platz zwischen Ohren und Schultern schaffst. Wenn du merkst, daß du im Nacken zusammensackst, dann korrigiere die Position oder komme wieder heraus. Im Nacken sind keine Falten zu sehen und dein Rücken bleibt idealerweise gerade!* Da du das selbst nur schwer kontrollieren kannst, empfiehlt sich immer wieder das Üben mit einem Yogalehrer deines Vertrauens. Durch die individuelle und persönliche Anleitung wirst du Schritt für Schritt diese Haltung selbst anatomisch korrekt ausführen können, so daß du verletzungsfrei Fortschritte machst.

 

Da du plötzlich umfallen könntest und du die Haltung deshalb meidest, lernst du im Unterricht mit einem Lehrer auch, wie du aus dem Kopfstand abrollst ohne dich dabei zu verletzen.

 

Außerdem gibt es auch alternativen Übungen mit mehreren Blöcken, bei den du das gesamte Körpergewicht auf den Unterarmen balancierst und der Kopf förmlich frei schweben kann. Oder mit Hilfe von Seilen an der Wand. Komm also gern mal zu mir in den Yogaunterricht oder fahr mit auf ein Yoga Retreat. Es lohnt sich bestimmt.

 

*In „Light on Yoga“ wird der Kopfstand von B.K.S. Iyengar beim Einnehmen der Haltung mit ziemlich runden Rücken beim Raufkommen gezeigt. Wahrscheinlich ist das sogar machbar, aber aus meiner Sicht ist es nicht ideal. Falls dein Rücken rund ist, arbeite zuerst in der Variation von „Adho Mukha Svanasana“ an der Wand und an der Streckung der Beinrückseite in „Supta Eka Pada Hasta Padangusthasana“.

 

Wissenswertes speziell für Frauen

Wir Frauen durchleben immer wiederkehrend den monatlichen Zyklus, die Periode, was ein ganz natürlicher Teil des Frau-Seins ist. Oft wird in Yogastunden erklärt, daß Frau während der Periode Umkehrhaltungen wie den Kopfstand nicht üben sollte. (Umkehrhaltungen sind alle Positionen, in denen sich Becken und Beine höher als der Kopf befinden. Das sind z. B. Salamba Sarvangasana, Adho Mukha Vriksasana, Pincha Mayurasana).

 

Das sehe ich ebenso wie vieles andere im Yoga eher undogmatisch und entspannt. Denn aus meiner Sicht deutet rein anatomisch absolut nichts darauf hin, daß diese Haltung in irgendeiner Form ungesund sein könnte – sofern die Übung korrekt ausgeführt wird (siehe oben). Oft ist davon die Rede, daß Umkehrhaltungen Apana umkehren und somit für einen reinigenden Blutfluss hinderlich sind. Diese Philosophie verstehe ich, kann es körperlich jedoch nicht nachvollziehen.

 

Möglicherweise haben wir an diesen Tagen einfach keine Lust Yoga zu üben, da wir uns körperlich und mental eher etwas geschwächt fühlen und wir die Couch der Yogamatte vorziehen. Wir sind sensibler und möchten uns vielleicht zurückziehen. Viele Frauen haben sogar starke Beschwerden, manche kommen nicht ohne Schmerzmittel aus – da ist ja wohl klar, dass wir dann keine Übungen machen, bei denen wir eine feste, stabile Körpermitte benötigen. Wir haben doch gerade durch Yoga so ein gutes Körpergefühl entwickelt und verstanden, dass wir besser darauf hören. Eher werden während dieser Phase Asanas praktiziert, die im Bauch Raum schaffen und die Muskulatur entspannen. Atemübungen tun uns gut, um das Wohlbefinden wieder zu steigern.

 

Aus meiner eigenen Praxis Erfahrung heraus möchte ich hierzu feststellen, daß ich 1-2 Tage vor Beginn meines Zykluses eher nur wackelig den Kopfstand halten kann, wenngleich ich sonst keine Probleme damit habe. Gleiches Gefühl erlebe ich an den Tagen meine Periode, wohingegen ich zum Ende hin (ab dem dritten Tag) eher wieder zur normalen Stabilität und Vertrautheit zurückfinde. Nach Abklingen dieser Phase fühle ich mich stark wie zuvor, vorausgesetzt ich bin gesund und bekomme ausreichend Schlaf ;-)

 

Sehr lange Zeit haben nur Männer Yoga unterrichtet und erst am Anfang des 20. Jahrhunderts haben Frauen sich diesen Bereich langsam erobert. Vielleicht ist dieses Verbot entstanden, weil sich Männer mit diesem Thema einfach nicht auskennen? Hierzu habe ich noch nicht weiter geforscht, aber wenn du eine Idee hast, please let me know!

 

 

Dieser Artikel entstammt meinen persönlichen Erfahrungen und erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.

Achtung: Jeder übt für sich und auf eigene Verantwortung. Die Signale des Körpers akzeptieren ist Teil der Praxis - eine Pause ist jederzeit möglich. Achtsamkeit ist der beste Ratgeber. Meine Tipps ersetzen nicht den kompetenten Yogalehrer deines Vertrauens, sondern dienen als Hilfestellung für deine Praxis zu Hause.

Du hast Fragen, Anmerkungen oder möchtest mehr wissen? Schreib mir!

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Kommentare: 1
  • #1

    Meike Yadunandini Mayer (Dienstag, 13 März 2018 14:08)

    Liebe Katja,
    Vielen, herzlichen Dank für diesen erfrischenden Artikel. Ich bin in allen Punkten Deiner Meinung und unterrichte den Kopfstand auch bei gut ausgerichteten, stabilen Schülern sehr gerne, aber immer mit dem Hinweis, genau heute nochmal nach innen zu horchen, ob es heute der Kopfstand oder vielleicht doch lieber „nur“ der herabschauende Hund sein darf.
    Da ich in der Ausbildung auch mit dem Mythos konfrontiert wurde, während der Periode auf keinen Fall Umkehrstellungen zu praktizieren, habe ich das mal genauer hinterfragt. Eine meiner treuesten Teilnehmerinnen ist Gynäkologin und sie hat sich auf einem Kongress mit Kollegen beraten zu diesem Thema. Medizinisch gibt es wohl wirklich keinen Grund, in dieser Zeit bei Umkehrstellungen auszusetzen. Lediglich die von Dir angesprochene Schwäche sollte natürlich respektiert werden.
    Herzensgrüße
    Meike